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Für Fortgeschrittene

In diesem Abschnitt wird detailliert auf die Klima-Nischen-Modellierung eingegangen. Schwerpunkt sind die verwendeten Klimaparameter.

Klima-Nischen-Modellierung

  • Die Basis für die Modellentwicklung sind die Fundorte der einzelnen Arten über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren, z.B. von 1971 bis 2000.
  • Zur Charakterisierung des Klimas in den einzelnen Gebieten werden in der Ökologie, Meteorologie u.a. zahlreiche Klimaparameter verwendet.
  • Da ein Modell jedoch eine vereinfachte Abbildung der Realität ist, wurden aus 22 Klimaparametern schließlich 4 Parameter ausgewählt.
  • Ziel war es dabei, die künftigen Gebiete zu ermitteln, die für den untersuchten Falter klimatisch geeignet wären, d.h. in denen künftig z.B. die gleichen Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse vorliegen könnten wie an den heutigen Fundorten.
Verbreitungsgebiet des Zitronenfalters
Fundorte des Zitronenfalters im Zeitraum 1981-2002 (Settele et al. 2008). Jeder Punkt bezieht sich auf ein 50x50 km2 großes Gebiet.
Modelliertes Verbreitungsgebiet im Jahr 2000 (klimatisch geeignet).

Folgende Parameter wurden ausgewählt, um die Klima-Nischen zu beschreiben:

  • Jährliche Temperaturdifferenz (°C)
  • Jährliche Niederschlagsdifferenz (mm)
  • Wärmesumme (°C)
  • Wassergehalt des Bodens (%)

Auf den folgenden Seiten wird auf diese Parameter eingegangen.

Jährliche Temperaturdifferenz (°C)

  • Differenz zwischen dem wärmsten und dem kältesten Monat des Jahres
  • Jährliche Temperaturdifferenz (°C)
    7,4 - 13,8 °C 13,9 - 17,6 17,7 - 21,0 21,1 - 24,7 24,8 - 29,9
    Mittelwerte für den Zeitraum von 1971 bis 2000 (Settele et al., 2008)

    Jährliche Niederschlagsdifferenz (mm)

  • Differenz zwischen dem feuchtesten und dem trockensten Monat des Jahres Jährliche Niederschlagsdifferenz (mm)
    13 - 44 mm 45 - 67 68 - 99 100 - 153 154 - 283
    Mittelwerte für den Zeitraum von 1971 bis 2000 (Settele et al., 2008)
  • Wärmesumme (°C)

  • Jede Pflanze braucht eine bestimmte Wärmesumme (auch Wachstumsgradtage genannt), um sich zu entwickeln.
  • Wärmesumme (°C)
    1 - 921 922 - 1420 1421 - 1918 1919 - 2393 2394 - 4432
    Mittelwerte bis Ende August (1971 bis 2000; Settele et al., 2008)

    Wassergehalt des Bodens (%)

  • wird für den oberen Horizont ermittelt (obere Bodenschicht, meist der stärker durchwurzelte Bereich)
  • Wassergehalt des Bodens (%)
    4,2 - 29,3 % 29,4 - 40,0 40,1 - 50,9 51,0 - 65,5 > 65,6
    Mittelwerte für den Zeitraum von 1971 bis 2000 (Settele et al., 2008)

    1. Jährliche Temperaturdifferenz

    Die Berechnung erfolgt nach der Formel:
    ΔT = Tmax,m - Tmin,m
    Tmax,m - mittlere Temperatur des wärmsten Monats
    Tmin,m - mittlere Temperatur des kältesten Monats

    Beispiel:
    • Jährliche Temperaturdifferenz 2015 in Halle/Saale: ΔT=20°C
    • Wärmster Monat war der August mit Tmax,m= 21,5°C
    • Kältester Monat war der Februar mit Tmin,m=1,5°C
    (http://klima.geo.uni-halle.de/statistik/campus/2016/)

    So könnten sich die jährlichen Temperaturdifferenzen bis 2080 verändern (Settele et al., 2008):
    Zeitraum 1971-2000
    Jahr 2080 (Szenario YELLOW)
    7,4 - 13,8 °C 13,9 - 17,6 17,7 - 21,0 21,1 - 24,7 24,8 - 29,9
    In welcher Richtung verändert sich die jährliche Temperaturdifferenz in Deutschland bis 2080?
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    Leider falsch! Schau dir nochmal die Abbildung an.

    ×

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    Richtig! Die Extreme nehmen zu, daher werden auch die Differenzen zwischen kältestem und heißestem Monat größer.

    2. Jährliche Niederschlagsdifferenz

    Dieser Parameter wird so berechnet:
    ΔN = Nmax,m - Nmin,m
    Nmax,m - mittlerer Niederschlag des feuchtesten Monats
    Nmin,m - mittlerer Niederschlag des trockensten Monats

    Beispiel:
    • Im Jahr 2016 betrug die Niederschlagsdifferenz in Halle/Saale ΔN=72mm
    • Feuchtester Monat war der Juli mit Nmax,m=89 mm
    • Trockenster Monat war der Februar mit Nmin,m=17mm
    (http://klima.geo.uni-halle.de/statistik/campus/2016/)

    So könnten sich die jährlichen Niederschlagsdifferenzen bis 2080 verändern (Settele et al., 2008):
    Zeitraum 1971-2000
    Jahr 2080 (Szenario YELLOW)
    13 - 44 mm 45 - 67 68 - 99 100 - 153 154 - 283
    Ermittle anhand der Abbildung, wo die Niederschlagsdifferenzen in Europa zunehmen werden.
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    Leider falsch! Schau dir nochmal die Abbildung an.

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    RICHTIG! In West- und Nordeuropa werden die Unterschiede zwischen den Extremen zunehmen.

    3. Wärmesumme (addierte Temperaturwerte)

    engl.: growing degree days gdd

    Für die Wärmesumme werden die gdd-Werte jedes Tages addiert.

    gdd=(Tmax+Tmin)/2-Ts
    • Tmax Maximale Tagestemperatur
    • Tmin Minimale Tagestemperatur
    • Ts Schwellenwert, bei dem der Stoffwechsel der Pflanzen einsetzt, hier 5°C

    Beispiel: Der Schmetterlingsflieder Buddleja davidii blüht erst, wenn eine Wärmesumme von 550 bis 650 erreicht ist. Das trifft in Deutschland auf den Monat Juli zu - mal ist der Wert schon Anfang Juli erreicht, mal erst Ende Juli.

    So könnten sich die Wärmesummen mit dem Klimawandel verändern (Settele et al., 2008):
    1 - 921 922 - 1420 1421 - 1918 1919 - 2393 2394 - 4432
    Zeitraum 1971-2000
    Jahr 2080 (Szenario YELLOW)
    Welche Wärmesumme liefert ein einzelner Tag mit einer Maximaltemperatur von 23 °C und einer Minimaltemperatur von 12 °C? gdd=(Tmax+Tmin))/2-Ts (Ts=5°C)
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    Das ist nicht richtig... Rechne noch einmal nach!

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    Gut gerechnet!

    4. Wassergehalt des Bodens

    engl.: soil water content swc

    Das im Boden vorhandene Wasser beeinflusst den Austausch von Wasser und Energie zwischen Boden, Vegetation und Atmosphäre. Der Wassergehalt des Bodens kann jedoch stark variieren je nach Bodentyp, Klimabedingungen und Nutzungsart. Der swc-Wert wird für den oberen Horizont ermittelt. Das ist die obere Bodenschicht, meist der stärker durchwurzelte Bereich.

    So könnte sich der Bodenwassergehalt mit dem Klimawandel verändern (Settele et al., 2008):
    Zeitraum 1971-2000
    Jahr 2080 (Szenario YELLOW)
    4,2 - 29,3 % 29,4 - 40,0 40,1 - 50,9 51,0 - 65,5 > 65,6
    Bodenwassergehalt für den oberen Horizont (%)
    Finde heraus, welche dieser Parameter zur Berechnung der Klima-Nischen verwendet werden.
    ×

    Gut kombiniert! Es sind die jährliche Temperaturdifferenz und die jährliche Niederschlagsdifferenz, die zusammen mit den Parametern Wärmesumme und Bodenfeuchte die Klima-Nische beschreiben.

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    Das ist nicht richtig... Überprüfe deine Antwort.

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    Die Klima-Nischen werden hier also durch 4 Parameter beschrieben. Ein 4-dimensionaler Raum würde aber unsere Vorstellungskraft überfordern.
    Kleiner Schillerfalter Apatura ilia
    Daher wird ein "Trick" angewendet, den wir am Beispiel des Kleinen Schillerfalters demonstrieren.
    Im ersten Schritt erstellen wir eine

    2D-Grafik

    Sie zeigt, welche Kombinationen von Bodenwassergehalt swc und Wärmesumme gdd für den Schmetterling geeignet sind.
    Geeignet
    Ungeeignet
    Übergangsbereich
    Modellierte Grenze
    Zweiter Schritt:

    3D-Grafik

    Für vier Werte der Jährlichen Temperaturdifferenz ΔT werden nun solche 2D-Diagramme produziert: für das Minimum Min, für einen "kleinen" Wert (auch "unteres Tertil" genannt; nur 33% sind kleiner), für einen "großen" Wert ("oberes Tertil"; nur 33% sind größer) und für den maximalen Wert Max.
    Min Klein Groß Max
    Ungeeignet
    Geeignet
    Übergangsbereich
    Modellierte Grenze
    Dritter Schritt:

    4D-Grafik

    Wie warm und feucht es der Falter haben muss (ausgedrückt durch die Wärmesumme gdd und den Bodenwassergehalt swc) hängt auch von den anderen Werten ab: Bei mittleren Werten von ΔT ist der günstige Bereich größer als bei den Extremwerten.
    Klima-Nische des Kleinen Schillerfalters
    Prüfe anhand der Klima-Nische des Kleinen Schillerfalters, welche Bedingungen für ihn am wenigsten geeignet sind.
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    Leider falsch! Schau dir die Abbildung noch einmal genau an.

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    Richtig! Bei relativ gleich bleibenden Temperaturen fühlt sich der Kleine Schillerfalter nicht wohl.

    Tagpfauenauge
    Tagpfauenauge Aglais io
    Klima-Nische von A. io
    Gr. Ochsenauge
    Großes Ochsenauge Maniola jurtina
    Klima-Nische von M. jurtina
    Worin unterscheiden sich diese beiden Klima-Nischen? Beschreibe die günstigsten und ungünstigsten Bedingungen für jeden Falter.
    Finde heraus, welcher Falter besser mit großen Temperaturdifferenzen zurechtkommt.
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    Leider falsch! Schau dir noch einmal die Abbildung an.

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    Das ist richtig! Das Tagpfauenauge hat nur dann Probleme mit großen Temperaturdifferenzen (z.B. sehr kalter April und sehr heißer Juli), wenn auch die Niederschlagswerte weit auseinanderliegen.

    Klima-Nischen können also als Grafiken dargestellt werden, die den Parameterraum der beschriebenen vier Klimafaktoren zeigen.
    Aber wo in Europa werden sich nun im Zuge des Klimawandels die Klima-Nischen für die einzelnen Arten befinden?

    Wo wird der Zitronenfalter im Jahr 2080 vorkommen?

    Um diese Frage zu beantworten, wird Europa als Raster von Gitterzellen mit Größen von je 50x50 km2 betrachtet. Für jede Zelle werden die künftigen Klima-Bedingungen berechnet - im Jahresschritt und für jedes der drei Szenarien GREEN, YELLOW und RED. So stellt sich heraus, welche Gebiete für den Falter entsprechend der Annahmen geeignet oder verloren sind.
    Klimanische Zitronenfalter
    Klima-Nische von G.rhamni
    Szenario Grün
    Szenario GREEN
    Szenario Yellow
    YELLOW
    Szenario Red
    RED (Jahr 2080)
    Verbleibend klimatisch nicht mehr neu geeignet

    Modellierte Verbreitungsgebiete von G.rhamni

    Zu welchem Bild gehört der Text?
    Klicke auf die richtige Zahl unter dem Text.
    1_____________________2________________3
    Verbreitung Gonepteryx Rhamni
    Klimanische
    Szenario Red
    Im Jahr 2050 könnten viele Gebiete für den Zitronenfalter verloren sein (Szenario RED). Hier kommt der Zitronenfalter aktuell in Europa vor. Das ist die Klima-Nische des Zitronenfalters.
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